Die Freie Altenarbeit Göttingen begrüßte am 5. November Dr. Stefan Wolter, der sich als Autor und Historiker der Aufarbeitung von "Prora" verschrieben hat. Zahlreich waren Interessierte mit und ohne Hintergrundwissen erschienen und lauschten den lebendigen Geschichten des Zeitzeugen.
Stefan Wolter erzählte von seinem Leben als Sohn eines Pastors, aufgewachsen in der behüteten Nische des Pfarrhauses nahe der Grenzanlage Oberweid bei Tann.
Als Kind und Jugendlicher hörte er die Schüsse von der Grenzanlage und nahm die Vereidigungen der Soldaten auf dem Eisenacher Markplatz erschüttert wahr. Sie waren Teil der zunehmenden Militarisierung des Landes, die sein Leben ganz persönlich bestimmten.
Herr Wolter entzog sich aus „Glaubens- und Gewissensgründen" sowohl den Massen-organisationen der Pioniere und der FDJ als auch dem Dienst mit der Waffe.
Er entschied sich für eine Sondereinheit der NVA, den „Bausoldaten", die zwar nicht schießen, jedoch körperlich schwere Arbeiten ableisten mussten.
1987 wurde er in Prora auf Rügen eingesetzt, dem größten Militärstützpunkt für Bausoldaten in der DDR.
Fast täglich arbeitete er zehn bis 14 Stunden im Fährhafen von Mukran. Hinzu kamen psychische Belastungsproben in Form von Demütigungen, nicht vorhersehbaren Ausgangssperren und Urlaubsstreichungen. Doch er und seine Kameraden hielten zusammen, halfen einander, lasen heimlich in der Bibel und teilten Essenspakete von zu Hause.
Heute fordert Stefan Wolter eine kritische Erinnerungskultur gegenüber dem erlittenen Unrecht der Bausoldaten von Prora.
Die Veranstaltung im Goldgraben konnte einen guten Beitrag dazu leisten.